Tatort Transformationsprozess
…und 7 Verdächtige!

Denkfallen im Transformationsprozess

In der hitzigen Arena eines agilen Transformationsprozesses treffen wir täglich Entscheidungen. Doch wie oft basieren diese Entscheidungen auf klarem, logischem Denken? Leider viel zu selten!

Nur zu oft werden sie von versteckten Denkfallen beeinflusst, die unsere Beurteilung trüben! Laut einer Studie von McKinsey & Company werden bis zu 75% der Transformationsprozesse nicht wie erwartet abgeschlossen.

Die Gründe? Unter anderem kognitive Verzerrungen.

Hier die 7 Verdächtigen:

  1. Fundamentaler Attributionsfehler: Wie oft sind wir schnell dabei, das Verhalten von Kollegen oder Mitarbeitern auf ihre Persönlichkeit zurückzuführen, anstatt äußere Faktoren in Betracht zu ziehen? Nach Daniel Kahneman, dem Nobelpreisträger und Autor von “Schnelles Denken, langsames Denken”, neigen wir dazu, interne Faktoren über externe zu stellen.
  2. Halo-Effekt: Dr. Solomon Asch’s Untersuchungen zeigten, dass Menschen dazu neigen, aufgrund eines positiven Traits alles andere an einer Person ebenfalls positiv zu bewerten. Aber ist wirklich jeder, der gut präsentiert, auch ein genialer Stratege?
  3. Hierarchie-Effekt & Benjamin Effekt: Hier spielt unsere Sozialstruktur mit. In der Harvard Business Review wurde dargelegt, dass Entscheidungen von höher gestellten Personen oftmals mehr Gewicht bekommen, unabhängig von ihrer Qualität. Und unsere jüngsten Kollegen? Ihre Meinungen werden oft überhört.
  4. Kleber-Effekt: Erste Eindrücke zählen, das ist unbestritten. Doch eine Studie von Bertram Gawronski zeigt, dass diese Eindrücke uns oft länger beeinflussen, als sie sollten.
  5. Primacy & Recency Effekt: Psychologe Hermann Ebbinghaus entdeckte, dass unser Gedächtnis unmittelbar nach einer Information und am Ende stärker ist. Das Mittelstück? Oft vergessen!
  6. Reihenfolgen- & Kontrast Effekt: Die Art und Weise, wie Informationen präsentiert werden, kann unsere Wahrnehmung erheblich beeinflussen. Dies wurde in zahlreichen psychologischen Studien nachgewiesen.
  7. Soziale Stereotype: Eine der tief verwurzelten Verzerrungen, auf die Claude Steele und Joshua Aronson in ihren Arbeiten hingewiesen haben. Stereotype können unser Urteilsvermögen trüben und zu voreiligen Schlüssen führen.

“Der erste Schritt zur Klugheit ist die Einsicht in die eigene Dummheit.”
Sokrates

Fallbeispiel: Die Neuausrichtung von eines etabliertes Technologieunternehmen

Die Situation: Vor knapp 5 Jahren hatte ich das Mandat, den CEO eines etabliertes Technologieunternehmen als Sparringspartner in einem komplexen Transformationsprozess zur Seite zu stehen. Angesichts des Wettbewerbs und einer sich schnell ändernder Technologielandschaften hatte er sich entschieden, einen groß angelegten, agilen Transformationsprozess einzuleiten, um das Unternehmen an die zukünftigen Marktbedingungen anzupassen.

Das Problem: Während des Transformationsprozesses bemerkten die Projektleiterin und ich, dass trotz sorgfältiger Planung und intensiver Bemühungen viele Entscheidungen des CEO und des Managements von den zuvor genannten Denkfallen beeinflusst wurden:

  • Einige Teamleiter waren gegen Veränderungen, nicht wegen legitimer Bedenken, sondern aufgrund des „Kleber-Effekts“: Sie hielten an alten Prozessen fest.
  • Während Brainstorming-Sitzungen schenkten viele dem CEO mehr Aufmerksamkeit aufgrund des „Hierarchie-Effekts“ und überhörten dabei oft wertvolle Beiträge von Junior-Mitarbeitern.
  • Bei der Auswahl von Technologieplattformen für das Unternehmen fielen sie dem „Halo-Effekt“ zum Opfer und wählten eine populäre, aber für ihre spezifischen Bedürfnisse ungeeignete Lösung.

Die Auswirkungen: Wenn nicht gegengesteuert worden wäre, hätte das Unternehmen wertvolle Ressourcen verschwenden und letztlich einen Transformationsprozess durchlaufen, der nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt hätte. Dies hätte das Unternehmenswachstum gehemmt und den hart erarbeiteten Marktanteil gefährdet.

Die Lösung: Durch das bewusste Erkennen und die Bekämpfung dieser Denkfallen konnte das Unternehmen:

  1. Eine breitere Palette von Lösungen evaluieren, indem sie den „Hierarchie-Effekt“ umgingen.
  2. Bessere technologische Entscheidungen treffen, indem sie sich nicht nur von bekannten Namen (Halo-Effekt) leiten ließen.
  3. Durch Feedback-Schleifen, Reflektion und die Einbindung verschiedener Perspektiven in den Diskurs konnten sie viele der Denkfallen aufdecken und korrigieren.

Das Fazit: Als Ergebnis des bewussten Umgangs mit diesen Denkfallen (und anderen möglichen Denkfallen) wurde der Transformationsprozess straffer, inklusiver und effizienter geführt, was letztlich in besser abgestimmte und zukunftsorientiertere Geschäftsentscheidungen mündete.

Und wie schützt Du Dich und Dein Team vor diesen Fallstricken?

  1. Reflektiere kontinuierlich: Schaff Dir eine Kultur der Selbstreflexion. Wie der Philosoph John Dewey sagte: „Wir lernen nicht aus Erfahrung, wir lernen aus dem Reflektieren über Erfahrung.“
  2. Diversität: Scott E. Page’s Forschung hat gezeigt, dass diverse Teams kreativer und innovativer sind. Ihre unterschiedlichen Sichtweisen helfen, kognitive Verzerrungen zu minimieren.
  3. Feedback: Such aktiv nach Rückmeldungen. Wie Bill Gates einst bemerkte: „Wir bekommen Feedback immer dann, wenn wir es nicht wollen, und nie dann, wenn wir es wollen.“

Hast Du jemals eine dieser Denkfallen in Deinem Transformationsprozess bemerkt und die Folgen am eigenen Leib gespürt? Oder kennst Du weitere Tricks, um sie zu vermeiden? Lass es uns wissen und schreibe es in den Kommentar!

#StayHungryStayFoolish #DigitaleTransformation #MenschlichkeitZuerst